Verlust
Meine Hündin ist schwer erkrankt und ich weiss nicht, wie lange sie noch an meiner Seite sein wird. Dieser Gedanke ist zutiefst traurig und erschütternd.
Viele Menschen machen diese furchtbare Erfahrung des
immensen Verlustes eines geliebten Tieres.
Es trifft uns wie ein Pfeil mitten
ins Herz diese Gewissheit, dass nun der Zeitpunkt des unwiderruflichen
Abschiedes gekommen ist.
Aber warum trauern wir gerade bei Tieren so intensiv?
Oft
hört man die Aussage, weil sie so treu seien, weil sie keine Widerworte geben
würden, weil sie keine Erwartungen hätten oder weil man sie liebt wie sein eigenes
Kind.
Sicherlich stimmt das auch, ich denke jedoch, dass Tiere vor allem in UNS das
innere Kind hervorrufen.
Wie oft sprechen wir zu ihnen in der Sprache der kindlichen Zärtlichkeit, obwohl wir
eigentlich wissen, dass sie unsere Worte nicht wirklich verstehen. Wir können
ihnen uns annähern mit der Gewissheit, dass wir willkommen sind, dass wir genau
richtig sind. Gerade so, wie wir es uns als Kinder doch so sehr gewünscht
haben, angenommen zu sein für das, was wir sind.
Jeden Kummer können wir frei von der Leber weg unserem tierischen Mitbewohner erzählen, ohne Angst haben zu müssen verurteilt zu werden. Danach fühlen wir uns sogar besser, geradeso als hätte wir einen psychologischen Rat bekommen.
Die Freude – ja kindliche Freude, die wir empfinden, wenn
unser Tier Spass hat, ist ein Gefühl, das uns im normalen Alltag
abhandengekommen ist, oder nur selten in Erscheinung tritt.
Ein Hund zum Beispiel mit seiner übermütigen Spielfreude, weckt auch in uns die
Freude am Spielen und Toben. Einer Katze zuzusehen, wie sie nach einer Feder
hochspringt, entzückt uns und wir staunen über ihre Eleganz und Anmut im
Sprung.
All diese oben beschriebenen Emotionen, erleben wir auch, wenn wir Kälber beobachten, die ausgelassen über die Wiese rennen, wenn wir sehen, wie Lämmer Fangen spielen oder kleine Zicklein behänd auf Steine springen und Luftsprünge machen.
Tiere also, sind deshalb die besten Therapeuten, weil sie längst verschüttete Gefühle in uns zum Leben bringen. Im Umgang mit ihnen flackert etwas hoch, das wir längst vergessen haben: Liebe, Angenommensein, Staunen und Freude an den einfachsten Dingen des Lebens.
Stirbt nun das geliebte Tier, fallen wir in ein tiefes schmerzhaftes Loch,
nicht nur weil wir eine wundervolle Seele verloren haben, sondern weil all das
Bunte, das Leuchtende, Glitzernde und Liebevolle weg ist. Das Schlimmste jedoch
ist: Eine Vertrauensperson ist plötzlich nicht mehr da!
Jetzt sind wir wieder ganz und gar in der grauen Erwachsenen Welt angekommen,
vor der wir uns durch unseren Begleiter flüchten konnten, in einen vorurteilsfreien
geschützten Raum.
Wer diese Empfindungen wirklich an sich ran lässt, und sich gewahr wird, dass jedes Tier diese Fähigkeit besitzt uns in unser kindliches Herz zu führen, der wird jegliche Gewalt an ihnen ablehnen – so wie es eben jedes Kind auch tun würde.
Text by: Bea Kälin