"Irgendetwas müssen wir ja essen."

04.11.2022


Immer wieder erkläre ich, dass Tiere in der Tierindustrie leiden, dass sie Schmerzen haben, dass sie nicht sterben wollen, dass sie nicht unsere Sklaven sind und sich ein Leben in Freiheit und Unversehrtheit wünschen. Nichts davon scheint die Herzen der Menschen zu erreichen, so wie man dies erwarten könnte von Wesen, die von sich behaupten, die am weitesten entwickelte Spezies zu sein. Ganz im Gegenteil: Man erntet Aggression, Spott, Hohn gepaart mit übelsten Beschimpfungen!

Hunderte von Bildern und Videos gehen im Internet um die Welt. Bilder von gequälten, geschundenen und brutal hingerichteten Geschöpfen. Individuen, die endlos leiden, die ein Dasein in der Hölle verbringen, ohne Aussicht auf Gnade oder Rettung. Es ist heute kaum noch möglich, dieser grauenvollen Realität auszuweichen. Dennoch gelingt die Verdrängung bei der Mehrheit meiner Zeitgenossen nach wie vor einwandfrei!

Bei einer Strassenaktion von Tierrechtlern, schaute eine jüngere Passantin minutenlang ungerührt in den Bildschirm, auf welchem grauenhafte Schlachtszenen und Tierquälereien zu sehen waren. Es schien sie nicht im Geringsten zu erschüttern. Keine Reaktion des Abscheus oder des Entsetzens - nichts!
Mit monotoner Stimme meinte sie nach einer Weile lapidar. «Ja schon nicht schön, aber wir müssen ja irgendetwas essen.» All die darauffolgenden Erklärungen des Tierrechtsaktivisten verhallten danach in der Leere eines abgestorbenen Mitgefühls, das genauso tot war, wie die leblosen Tierkörper, die in dem gezeigten Video in ihrem eigenen Blut lagen.

Bei allem Verständnis und mit aller Nachsicht für die Indoktrinierung, die wohl jeder von uns erlebt hat, so kocht auch bei mir manchmal die Wut hoch. Warum Herrgott nochmal ist dieser Egoismus derart stark zementiert, so dass keine Empathie mehr stattfindet?! Sicherlich gibt es dafür Erklärung, Mutmassungen und Einsichten, jedoch für diese sozialpsychologische Aufarbeitung haben die Tiere keine Zeit! -, wir haben keine Zeit!

Während ich verzweifelte Fragen ins Universum sende und das Entsetzen über das unreflektierte Handeln der Menschen nicht grösser sein könnte, erreicht mich die Nachricht eines veganen Vaters, der mir sichtlich bewegt und berührt erzählt, dass sein kleiner Sohn im Kindergarten die Pausenmilch verweigerte, mit den Worten: «Ich trinke das nicht, weil die Milch der Babykuh gehört.»

Ein kleiner Junge, dessen Worte so einfach wie wahr sind, lässt mich hoffen -, hoffen auf eine liebevollere Zukunft, in der die Tiere ihren Sklavenstatus endlich ablegen dürfen und es ihnen erlaubt ist, das zu sein, was sie sind: Wundervolle, reine und beseelte Wesen, die uns geschenkt wurden, damit wir lernen, was Mitgefühl und Verantwortung wirklich heisst.


Text by: Bea Kälin