Augenblick

10.02.2021


Gerade wollte ich mich an meinen Computer setzen, als ich wahrnahm, dass meine Hündin mich betrachtete...

Ihr Blick drang tief in mein Herz und ihre Augen strahlten diese Weisheit aus, die nur reine Seelen beherbergen. Während ich mich diesem intimen Moment hingab, spiegelte sich in ihrem Ausdruck die Geschichte von Spaniens Strassen wider, auf denen sie einst lebte; er erzählte mir von Fusstritten und Stockschlägen, von Ohnmacht, Schmerz und unbändiger Angst. Trotz all dieser quälenden Erfahrungen ist die wärmende Sanftmut aus ihren rehbraunen Augen niemals gewichen.

Als wollte sie mir etwas sagen, ruhte ihr würdevoller, wissender Blick auf dem meinigen -.
Unvermittelt vernahm ich die Stimmen all der gedemütigten Tiere, sah ihre ehrlichen und unverfälschten Augenpaare, indes ich ihre verzweifelte Not, ihr Wehklagen und Wimmern hörte - plötzlich wurde die Stille in diesem magischen Moment sehr laut.

«Das Wunder des Lebens wird uns anvertraut und wir treten es mit Füssen», dachte ich und ein Schauer lief mir über den Rücken. Wir morden sekündlich diese Augenpaare, durch die der göttliche Funke schaut; skrupellos, erbarmungslos und gewissenlos. «Es sind ja nur Tiere», sagen wir, wenden uns ab, während der Teufel an unsere Seite mitgeht und einen langen Schatten wirft.

Der vernebelte Dunstkreis, scheint es uns unmöglich zu machen, das Diabolische hinter dieser absoluten Brutalität im Umgang mit den Tieren zu erkennen. Stattdessen flüchten wir in Ausreden, die wir uns in die eigene Tasche lügen, immer bestrebt dabei, das Recht auf unserer Seite zu haben. Verblendet in der Annahme, wir stünden über allen anderen Wesen, erschüttert keine noch so fürchterliche Gräueltat das versteinerte Herz.
Diese achselzuckende Gleichgültigkeit ist das Verderben von Milliarden fühlender Geschöpfe, deren Augen längst gebrochen sind. Sie haben die Hölle gesehen und dem Teufel ins Antlitz geschaut.

Wollen wir je ein Miteinander in Frieden, Liebe und Achtsamkeit leben, dann muss Schluss sein mit dieser Ignoranz und dem Totentanz der Egoismen! Es ist die Fratze der Gleichgültigkeit, die es dem Bösen erlaubt, durch die Wände der lieblichen Schöpfung zu dringen, um alles was an Reinheit strahlt zu zerstören.

Noch eh ich meinen Blick beschämt von meiner Hündin abwenden konnte, atmete sie tief ein, senkte mit einem Stossseufzer ihren Kopf und schlief ein.
Es war, als würde sie stellvertretend für mich, all den Schmerz loslassen und ins Universum hauchen in der Hoffnung, Gehör zu finden für tausende versklavte und gequälte Opfer, deren geschundene Körper niemals die Sonne spüren werden.

Schaut den Tieren in die Augen und vergesst niemals, in wessen Seele ihr geschaut habt!

Text by: Bea Kälin